Ein Sonnenuntergang in den Bergen ist etwas Besonderes, erst recht, wenn man ihn von einem „Logenplatz“ wie auf dem 1.834 Meter hohen Hochgrat bei Oberstaufen bewundern kann. Wer den Abstieg im Dunklen scheut (wie ich), nutzt dazu einfach eine Sonnenuntergangsfahrt der Hochgratbahn. Die wird im Juni, Juli und August jeden Dienstag, im August zusätzlich am Freitag angeboten (nur bei gutem Wetter).
Ich habe diese „Erlebnisfahrt“ im Rahmen einer Recherche für einen neuen Reiseführer gemacht und bei der Gelegenheit noch einen Abstecher auf den Seelekopf eingeplant. Ehrlich gesagt hatte ich mir am Ende eines langen Recherchetages mit mehreren Terminen davon nicht sehr viel erwartet, wurde aber sehr angenehm überrascht.
Mit der Hochgratbahn zum Sonnenuntergang
Normalerweise nutze ich Bergbahnen nicht, sondern bevorzuge es, Gipfel zu Fuß zu erklimmen. Ich muss aber zugeben, dass die kleinen, zitronengelben Viererkabinen der Hochgratbahn sehr nett sind. Die Hochgratbahn stammt übrigens aus dem Jahr 1973, hat 2023 also ihren 50. Geburtstag. Sie wird zwar selbstverständlich laufend gewartet, ist aber die älteste noch im Originalzustand erhaltene Bergbahn im Allgäu.
Die Fahrt hinauf ist ein bisschen ruckelig und dauert fast 15 Minuten. Die fühlen sich aber in den nostalgischen Gondeln recht gemütlich an.
Hier seht ihr das Staufner Haus und die westlichen Gipfel der Nagelfluhkette.
Die Bergstation der Hochgratbahn liegt auf 1.708 Metern Höhe.
Beim Hinausgehen hat man die Wahl: Nach links geht es hinauf zum Hochgrat-Gipfel (1.834 Meter ü. N. N.). Nach rechts führt der Weg abwärts, entweder zum Staufner Haus und von dort talwärts oder weiter nach Westen. Dort reihen sich die weiteren Gipfel der Nagelfluhkette in absteigender Höhe aneinander: Seelekopf, Hohenfluhalpkopf, Eineguntkopf und die drei Falkenköpfe. In diese Richtung habe ich mich zuerst gewandt.
Abstecher zum Seelekopf
Der Weg ist zunächst breit und geröllig. Zum Seelekopf geht es an dem in der Bildmitte erkennbaren roten Dach vorbei.
Wenn man die Hütte passiert hat, gelangt man an dieses hübsche Holztor mit den fröhlichen bunten Wimpeln.
Es trägt den Namen Porta Alpinae und ist eine Installation des Waltenhofener Künstlers Guenter Rauch. Er hat über 30 solcher „Alpentore“ in Italien, Österreich, der Schweiz und Deutschland errichtet. Ich weiß nicht genau, was sie bedeuten (aber bei welchen Kunstwerken weiß man das schon?), finde dieses Tor aber sehr gut platziert.
Danach führt ein schmaler Gratweg westwärts.
Anschließend geht es abwärts, zwischendrin sogar über eine Treppe, …
dann wieder aufwärts. Wie ihr seht, erfordert der kurze Weg zum Seelekopf durchaus Bergschuhe und eine gewisse Trittsicherheit.
Nach etwa einer halben Stunde Gehzeit kommt das Gipfelkreuz in Sicht.
Der Seelekopf-Gipfel ist klein und nicht sehr spektakulär. Er ist 1.663 Meter hoch, also rund 170 Meter niedriger als der Hochgrat, der deutlich imposanter wirkt.
Auf dem Rückweg geht es wieder Stufen hinunter …
und hinauf. Dabei war erfreulich wenig los, ich bin auf dem Rückweg nur zwei Wanderern begegnet.
Und einem Gleitschirmflieger.
Hinter dem Fels liegt die Porta Alpinae. Nachdem sie durchschritten ist, geht es wieder an der Hütte mit dem roten Dach vorbei, an der gerade ein einsamer Schumpen die Aussicht ins österreichische Lecknertal bewunderte.
Dann noch der Anstieg zur Hochgratbahn-Bergstation.
Dort hatten sich bereits einige Sonnenuntergangsfans auf der Terrasse versammelt. Da sie nach Westen ausgerichtet ist, eignet sie sich sehr gut als Beobachtungsplatz. Das letzte freie Plätzchen, das ich für eine Limo-und-Schokoriegel-Pause ergattern konnte, lag südwärts.
Ich hatte aber ohnehin nicht vor, dort zu bleiben.
Von der Bergstation auf den Hochgrat-Gipfel
Ich war nicht die einzige, die sich auf den Weg zum Gipfel machte, obwohl es, verglichen mit dem Andrang, der dort tagsüber bei schönem Wetter herrscht, sehr ruhig war.
Die reine Gehzeit von der Bergstation zum Gipfel beträgt rund 20 Minuten. Wer (wie ich) viel fotografiert, braucht natürlich länger, bis er das „Gipfeltreffen“ erreicht.
Beeindruckt hat mich das Pärchen, das sich direkt unter dem Gipfelkreuz zum romantischen Picknick mit Champagner und Tischdecke eingefunden hatte. Das hat Stil!
Das Gipfelkreuz auf dem Hochgrat stammt übrigens aus dem Jahr 1901. Mit seinen vernieteten Stahlblechstreifen wirkt es ungewöhnlich technisch, gefällt mir persönlich aber sehr gut.
Wenn man vom Hochgrat weiter ostwärts wandert, gelangt man zum Rindalphorn. Danach könnte man über weitere Gipfel bis zum Mittagberg bei Immenstadt gehen.
Aber ich war ja wegen des Sonnenuntergangs da. Zwar war es kein klarer Tag mit weiter Fernsicht, aber immerhin war die Sonne zu sehen (keine Selbstverständlichkeit im Sommer 2021!). Je weiter sie sank, desto romantischer wurde die Stimmung.
Als sie in die Wolken gesunken, es aber noch nicht komplett dunkel war, machte ich mich auf den Weg zurück zur Bergstation der Hochgratbahn.
Im Süden war schon der Mond aufgegangen und beleuchtete die Schumpen, die friedlich vor sich hin bimmelten.
Auch beim Schlangestehen vor der Talfahrt war die Stimmung sehr entspannt.
Offiziell ist die Hochgratbahn anlässlich der Sonnenuntergangsfahrten bis 22 Uhr in Betrieb. Aber natürlich lässt sie niemanden auf dem Berg stehen, sondern bringt alle hinunter, die es wollen. Bis ich an der Reihe war, war es Nacht geworden.
Mein Fazit zur Sonnenuntergangsfahrt auf den Hochgrat
Dieser ruhige, stimmungsvolle Abend auf dem Berg war ein sehr schönes Erlebnis, an das ich gerne zurückdenke und das ich euch nur empfehlen kann. Und die Fahrt mit der Hochgratbahn ist selbst für mich Wenig-Bergbahnfahrerin ein nostalgisches Vergnügen.
Für den Weg von der Bergstation zum Seelekopf und zurück solltet ihr etwa eine Stunde Zeit einplanen. Von der Bergstation zum Hochgrat-Gipfel und zurück beträgt die Gehzeit etwa 45 Minuten. Denkt an bergtaugliche Schuhe und eine Jacke, denn auch an warmen Abenden wird es nach Sonnenuntergang kühl auf dem Berg.
Falls ihr den Berg lieber tagsüber zu Fuß erklimmen wollt, empfehle ich euch meinen Post über die Panoramatour vom Gunzesrieder Tal zum Hochgrat (von dort ist der Aufstieg schöner als von Steibis).
Die Sonnenuntergangsfahrt auf den Hochgrat ist eine von 77 besonderen Allgäu-Unternehmungen, die ich für diesen Erlebnis-Guide für euch zusammengestellt habe:
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Hallo Barbara.
Dein Artikel ist ja schon ein bisschen her; aber so schön beschrieben und der Grund für einen Ausflug dorthin. Dankeschön.
Grüße Angela
Hallo Angela,
ja, das stimmt, es ist (leider) schon ein Weilchen her, dass ich zum Sonnenuntergang auf dem Hochgrat war. Aber die Fahrten werden nach wie vor wie beschrieben angeboten, zum Beispiel nächste Woche am Dienstag und am Freitag (03.09. und 06.09.2024). Falls du vorhast, da mal mitzufahren: Ich kann es nur empfehlen!