Im Allgäu und überhaupt im Alpenraum haben sich viele uralte Bräuche erhalten, darunter das Klausentreiben. Der heidnische Ursprung dieses Brauchs ist sofort erkennbar, wenn nach Einbruch der Dunkelheit zottelig-vermummte Gestalten den Marktplatz stürmen. Sie tragen oft Hörner, in manchen Orten auch Masken, und große Schellen, deren Klang ihre Sprünge begleitet. Mit ihren Ruten teilen sie Hiebe gegen jene Vorwitzigen aus, die ihnen nicht schnell genug aus dem Weg gehen.
Was sich hinter dem Klausentreiben verbirgt
Ursprünglich sollten die wilden Gestalten wohl die Wintergeister oder andere böse Kräfte verscheuchen. In manchen Orten sind zum selben Zweck die Bärbele unterwegs, maskierte Gestalten, die als alte Frauen verkleidet sind. In wieder anderen Orten treten Klausen und Bärbele gemeinsam oder nacheinander auf. Es ist ja klar, dass sie gruslig aussehen müssen, damit die bösen Geister Reißaus nehmen.
Durch das Wirken des Heiligen Magnus und anderer Missionare wurde das Allgäu gegen Ende des 8. Jahrhunderts zwar christianisiert, aber die alten Bräuche ließen sich die Einheimischen nicht austreiben. Deswegen wurden sie einfach umgedeutet: Die Bärbele heißen so, weil sie am Barbaratag (4. Dezember) unterwegs sind. Die Klausen gehören nun zur Entourage des Heiligen Nikolaus und treten daher in der Regel am 5. und/oder 6. Dezember auf.
Früher wurden junge Mädchen und Burschen von den Klausen teilweise recht wild angegangen. Heute ist das Treiben wesentlich zivilisierter. Kinder, die ein Nikolauslied singen oder ein Gedicht aufsagen, bekommen dafür Nüsse und Süßigkeiten geschenkt.
Bilder vom Klausentreiben Obergünzburg 2018
In Obergünzburg im Ostallgäu veranstaltet traditionell die Freiwillige Feuerwehr das Klausentreiben, und zwar am 5. Dezember. Bis 18 Uhr haben sich die erwartungsvollen Besucher auf dem Marktplatz eingefunden, die Kinder sind oft schon recht aufgeregt. Die Klausen haben sich vor dem Heimatmuseum gesammelt und stürmen dann herbei … das ist schon eindrucksvoll!
Die modernen Geistervertreiber posieren auch mal für ein Foto, wenn man lieb fragt.
Sie mischen sich unters Volk, tätscheln den ein oder anderen mit der Rute und fordern mutige Kinder zum Singen auf. Notfalls akzeptieren sie auch Feliz Navidad als Sangesgabe, wie ich dieses Jahr festgestellt habe. Aber ein bisschen unheimlich bleiben sie doch, die vermummten Gestalten …
Glücklicherweise verkauft die Freiwillige Feuerwehr auch Glühwein und Bratwürste als Nervennahrung. Und so verbringen die Einheimischen inmitten der Fellträger einen fröhlichen Abend, bis die Geistervertreiber sich zurückziehen und die Kinder ins Bett müssen.
Der Nikolaus kommt in Obergünzburg meist etwas später, nämlich zum Weihnachtsmarkt. Ein paar Klausen sind dann auch wieder dabei.
Falls ihr mehr von Obergünzburg sehen möchtet, gefällt euch vielleicht mein fotografischer Streifzug durch diese liebenswerte Günztalgemeinde.