Das Kartäuserkloster in Buxheim blickt auf 600 Jahre Geschichte zurück. Berühmt ist die Kartause wegen ihres barocken Chorgestühls, und das zu Recht. Aber es gibt noch mehr Sehenswertes dort.
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Ein Rundgang durch die Kartause Buxheim
Von außen wirkt die Anlage unscheinbar, aber das täuscht.
Hell und friedlich: der Kreuzgang
Der Kreuzgang, von dem früher die Zellen der Priestermönche abgingen (leider wurden einige davon im letzten Jahrhundert abgerissen), lässt schon etwas von der Größe der Anlage erahnen:
Gegründet wurde das Kartäuserkloster in Buxheim im Jahr 1402. Sogleich setzte eine rege Bautätigkeit ein, und zwar im topmodernen Stil der damaligen Zeit: der Gotik. Nach einer ersten Blütezeit und einer Phase des Niedergangs während der Reformationszeit im 16. Jahrhundert erlebte das Kloster seine fruchtbarste Phase im 17. Jahrhundert.
Auf diesem Stich von 1755 sieht man die gesamte Anlage; der Kreuzgang zieht sich tatsächlich mitten durch die Kirche, und teilt sie in einen Priesterchor für die Priestermönche und in einen Brüderchor für die Laienbrüder. Der Garten, der unten zu sehen ist, war vor allem für die Gäste des Reichsklosters gedacht. Der Prior war nämlich gleichzeitig ein weltlicher Herrscher, der als solcher auch richterliche wie politische Verpflichtungen hatte.
Über den Innenhof kann man die Kirche schon sehen.
Der Kartäuserorden hat eine sehr strenge Regel mit Schweigegebot. Aber praktisch dachten die Mönche schon: In jedem Eck des Kreuzgangs war eine Lampe mit kleinem Kamin angebracht (man sollte ja auch nachts den Weg zum Gebet in die Kirche finden) und gegenüber ein Brunnen mit frischem Quellwasser. Auf diesem Brunnen ist der Heilige Bruno zu sehen, der Gründer des Kartäuserordens.
Sein Finger zeigt nicht ganz zufällig in Richtung Kirche. Wir sind ihm auch brav gefolgt. Der Durchgang zum Brüderchor wird von der heiteren „Wessobrunner Madonna“ geschmückt.
Ungewöhnlich: die Kartäuserkirche im Kloster
1678 bis 1693 wurde die Kartause Buxheim barockisiert. Mit der Umgestaltung der Kartäuserkirche wurden die Brüder Dominikus und Johann Baptist Zimmermann betraut, was sicher keine schlechte Wahl war. Dominikus Zimmermann ist heute vor allem als Baumeister der Wieskirche berühmt, seine Meisterschaft zeigt sich auch hier in Buxheim im Brüderchor:
Das Deckengemälde zeigt übrigens einen Kartäusermönch, der beim Beten so in Verzückung gerät, dass er buchstäblich abhebt …
Der Durchgang im Lettner (im 17. Jahrhundert war er noch komplett geschlossen) führt in den Priesterchor. Dort ist bereits der frühbarocke Hochaltar sehenswert.
Rechts (aus Sicht des Betrachters) neben der Madonna ist die Heilige Katharina zu sehen, die von den gebildeten Kartäusern wegen ihrer Gelehrsamkeit sehr verehrt wurde:
Einzigartig: das Chorgestühl von Ignaz Waibl
Das in jedem Sinne größte Kunstwerk in der Kartäuserkirche ist zweifellos das Chorgestühl:
Hergestellt hat es der Tiroler Meister Ignaz Waibl mit sechs Mitarbeitern, und zwar in nur vier Jahren zwischen 1687 und 1691. Die Gesamtkomposition, aber auch die Schönheit und Ausdruckskraft der einzelnen Figuren sind einzigartig.
Der Heilige Stephanus beispielsweise wirkt jugendlich-heiter,
der Heilige Laurentius ist von ätherischer Schönheit,
der Cherub bewacht das Tor zum Himmel (na ja, eigentlich den Durchgang zum Lettner) mit heiligem Ernst:
Es ist übrigens alles andere als selbstverständlich, dass das Chorgestühl an seinem angestammten Ort zu sehen ist. Seine Geschichte war nämlich äußerst wechselhaft.
Das berühmte Chorgestühl und seine wilde Geschichte
1803 fand in Bayern die Säkularisation und damit die Enteignung von Kirche und Klöstern statt. 1812 wurde die Kartause Buxheim aufgelöst, die Mönche wurden vertrieben. Die gesamte Anlage fiel an die Grafen Waldbott von Bassenheim. Einige der Grafen hatten aber kein besonders gutes Händchen für die Verwaltung des ihnen zugefallenen Reichtums. Daher versilberten sie nach unf nach die Kunstschätze aus der Kartause, um ihre Schulden zu bezahlen.
1883/84 wurden die äußerst wertvolle Bibliothek und das Chorgestühl verkauft. Das Chorgestühl landete in einem englischen Frauenkloster, wo man es dem Zeitgeschmack entsprechend mit Teerfarbe schwarz übermalte und zudem teilweise zersägte, weil es für den dortigen Chor zu groß war. Nachdem die Grafen von Bassenheim in der Buxheimer Linie zuerst insolvent und dann ausgestorben waren, erwarben 1926 die Salesianer Don Boscos die Kartause. 1975 wurde sie Museum.
1980 erfuhr man dann mehr oder weniger durch Zufall, dass das englische Frauenkloster aufgelöst und das Chorgestühl verkauft werden sollte. Nach zähen Verhandlungen konnte es zurückgekauft werden. Durch die mittlerweile mehrfachen Teerfarb-Schichten, das Zersägen und den Transport war es allerdings in so schlechtem Zustand, dass es 14 Jahre lang restauriert werden musste, bevor es wieder seinen Platz einnehmen konnte. Ein Glück, dass das gelungen ist!
Von heiterer Anmut: die Annakapelle in der Kartause Buxheim
Auf dem Rückweg durch den Kreuzgang kommt man an der Annakapelle vorbei, einem Spätwerk von Dominikus Zimmermann. Hier zeigt sich sein Können in Vollendung:
Der Rokoko-Himmel ist heiter, hell und üppig geschmückt.
Die Signatur des Meisters ist übrigens ein Holzbock – die hat er hier in den Stuckmarmor geschrieben. Ein bescheidenes Zeichen eines großen Künstlers, aber eines, das die Zeit überdauert hat.
Die Kartause Buxheim ist vom 1. April bis 1. November täglich von 10:00 bis 17:00 geöffnet. Öffentliche Führungen gibt es leider nicht mehr (Stand: Mai 2022), aber dafür kann man sich einen Audioguide leihen.
Falls ihr euch für weitere barocke Kirchen und Klosteranlagen im Allgäu interessiert, solltet ihr auch meine Beiträge über die Basilika in Ottobeuren und die Prunkräume der fürstbischöflichen Residenz in Kempten lesen.
[…] Weiterlesen über die Kartause Buxheim bei Tief im Allgäu […]
Nun war ich heute endlich in der Kartause Buxheim und dann hab ich ausgerechnet vergessen, auf den Holzbock zu achten!!
Klarer Fall, dann musst du halt nochmals hin 🙂 🙂
toll toll toll! Gefällt mir 🙂 Mal was anders, und so ausführlich. Das mit dem Holzbock find ich klasse 😀
Dankeschön 🙂 Für Geschichts- und Kunstbegeisterte kann ich einen Besuch in der Kartause wirklich wärmstens empfehlen.