Im Allgäu herrschen je nach Region unterschiedliche Faschingstraditionen. Das Westallgäu regieren die Gruppen der schwäbisch-alemannischen Fasnet mit ihren hölzernen Masken. Im Unterallgäu und Richtung Augsburg gibt es viele Faschingsvereine mit Garde und Prinzenpaar, wie man sie auch im Rheinland kennt. Die Ostallgäuer ziehen gerne fantasievolle Aufbauten auf Traktoranhängern durch den Ort. In Mindelheim, das ich heuer erstmals zum großen Umzug am Gumpigen Donnerstag besucht habe, finden sich alle diese Elemente fröhlich vereint.
Mindelheim ist eine Allgäuer Faschingsmetropole
Die Kleinstadt mit knapp 15.000 Einwohnern beherbergt nämlich gleich zwei Faschingsgilden, die Mindelonia und die Siedelonia. Außerdem schmückt sie sich mit dem vermutlich größten Narren der Welt, dem Durahansl. Genauer gesagt schmückt die Stadt eines ihrer Stadttore, nämlich das Obere Tor. An der Innen- und Außenseite trägt es jeweils eine riesige Faschingsfigur. Nach außen empfängt die Amme, auch D’Narramuatr genannt, die Besucher.
Zur Innenstadt hin blickt der Narr, der Durahansl, auf das bunte Treiben. Dieses Jahr hat er übrigens ein neues Gewand bekommen, deswegen strahlen seine Farben so frisch durch den grauen Tag.
Am anderen Ende der Maximilianstraße lächelt die Colombine von einer Hauswand, aber die habe ich nicht fotografiert.
Bericht vom Faschingsumzug Mindelheim 2018
Es ging schon bunt los:
Für schmissige Musik sorgte die Fanfarengruppe Mindelheim.
Sie hatte auch schicken, grünen Rauch mitgebracht.
Danach kamen die Narren mit den Holzlarven und Schellen, von denen ihr einen auf dem Titelfoto gesehen habt. Und dann ging es munter im Wechsel weiter: Garden, Wagen, Holzlarven, ein paar andere Fußgruppen.
Garden über Garden …
Die Faschingsgilden hatten flotte Gardemädels in prächtigen Kostümen mitgebracht. Zum Beispiel die Mindelonia,
und die Siedelonia aus Mindelheim selbst.
Aus Paffenhausen war die Pfaffelonia dabei.
Es tanzten die Türkheimer Wertachfunken …
… und die Garde des Faschingsvereins Ronsberg:
Sehr nett fand ich die Darbietung der Zaisonarria-Garde aus Zaisertshofen. Die Mädels zeigten wirklich vollen Einsatz!
Alemannische Fasnachtsgruppen auf dem Faschingsumzug Mindelheim 2018
Ich persönlich mag die schwäbisch-alemannischen Gruppen mit ihren Holzmasken (Larven) und bunten Gewändern (Häsern) besonders gern. Sie erinnern an die vorchristlichen Wurzeln des Faschings, die im Mittelalter mühsam christlich kaschiert wurden. Meistens sind es Hexen, Dämonen und andere unheimliche Gesellen, die da ihr Unwesen treiben, auch der Teufel darf nicht fehlen.
Wenn man vom Teufel spricht … natürlich war auch hier einer dabei.
Dann waren da noch Mühlhexen im Flickengewand …
und die schwarz-roten Kolleginnen aus Mittelneufnach:
Später tauchten noch schwarze, rotäugige Ungetüme auf …
und ein paar besonders gruselige Dämonen:
Das war sonst noch los auf dem Faschingsumzug Mindelheim 2018
Die Rote Zinka haben mir gut gefallen.
Sehr witzig fand ich die Gruppe, die sich eine Anspielung auf die Mindelheimer Lokalpolitik erlaubte – es sollen nämlich neue Stühle und Tische für den Stadtrat angeschafft werden, für die im Haushalt 2017 stolze 90.000 Euro eingeplant waren. Das sorgte für reichlich Diskussionen. 2018 sollen die Stühle nun wirklich gekauft werden, wobei die tatsächliche Summe noch nicht bekannt ist. Diese Faschingsgruppe bot eine Alternative an:
Ein Physiotherapiezentrum nutzte die Gelegenheit doppelt und warb um neues Personal. Auch das finde ich sehr gelungen:
Einige der großen Wagen hatten offenbar die Dimensionen des Oberen Tores überschätzt. Manche mussten erst Teile der Aufbauten abbauen, bevor sie hindurchpassten. Dieser Wagen steckte ziemlich lange fest …
… so lange, dass ich, nachdem der Umzug bereits eindreiviertel Stunden gedauert hatte und meine Füße inzwischen zu Eisklumpen erstarrt waren, aufgab. Ich ging in die Konditorei Engel und aß dort den köstlichsten Faschingskrapfen meines Lebens. Aus lauter Begeisterung aß ich noch einen zweiten.
Die Heimfahrt vom großen Faschingsumzug Mindelheim 2018 trat ich in jeder Beziehung gesättigt und zufrieden an.
Falls ihr euch für weitere Faschingsumzüge, Faschingsveranstaltungen und -bräuche im Allgäu interessiert, empfehle ich euch meinen Übersichtspost: