Wenn am Faschingssamstag genügend Schnee liegt, findet das Schalenggenrennen Pfronten statt, und das schon seit 1979. 2018 habe ich mir das Rennen zum ersten Mal angesehen und mich dabei königlich amüsiert. Was die Pfrontener da auf die Beine stellen, knüpft an eine alte Tradition an, fördert das Gemeinschaftsgefühl, ist touristisch lohnend und überhaupt eine Riesengaudi. Mein Kompliment an den Kappeler Schalengger-Verein, der das Ganze ausrichtet.
Vielleicht sollte ich aber zunächst erklären, worum es dabei überhaupt geht: Eine Schalengge (ausgesprochen wird das Wort als Schaleng-ke) ist ein Hörnerschlitten. Den haben die Bauern früher benutzt, um im Winter Feuerholz und Heu von den Bergweiden ins Tal zu bringen. Das war eine anstrengende Arbeit, denn zunächst musste man ja durch den tiefen Schnee bergan stapfen und den großen Schlitten hinaufziehen und -schieben. Wenn er dann voll beladen war, kam der lustigere Teil: Man schlitterte mit der ganzen Fuhre zurück ins Tal. Das war allerdings auch schweißtreibend und nicht ungefährlich, denn besonders gut steuern lässt sich eine Schalengge nicht.
An diese alte Tradition wollten die Pfrontener anknüpfen, als sie 1977 die Idee hatten, ein Schalenggenrennen abzuhalten. Ein paar Männer, die beim ersten Rennen 1979 schon dabei waren, sind auch beim 31. Rennen im Jahr 2018 noch mitgefahren und haben traditionelle Schalenggen gesteuert. Beeindruckend!
So geht es zu beim Schalenggenrennen Pfronten
Gefahren wird über eine etwa 1 km lange Piste am Hündeleskopf-Hang in Pfronten-Kappel. 2018 gingen 155 Zweier-Teams an den Start, darunter fuhren zehn mit traditionellen Schalenggen, der Rest mit moderneren Hörnerschlitten. Die Starter kommen übrigens keineswegs alle aus Pfronten, sondern auch aus der näheren und weiteren Umgebung. Viele Teams kleiden sich ebenfalls taditionell, andere lustig bis abenteuerlich. Klar, es ist ja auch Fasching.
Zunächst gilt es, den Schlitten bis zum Startpunkt hinaufzuziehen …
oder zu tragen.
Die ersten Schaulustigen sind auch schon da, und so wandert eine ganze Karawane bergan.
Aber man kann zwischendrin ja auch mal verschnaufen.
Den ersten Teil des Rennens haben wir von der Mitte der Strecke aus beobachtet. Hier gibt es einen leichten Absatz, auf man die Rodler in ihren unterschiedlichen Gewandungen und Rodelstilen aus der Nähe betrachten konnte.
Auf dem Eröffnungsschlitten fährt auch die jeweilige Pfrontener Heuköngin mit, schließlich ist sie touristisch ebenfalls bedeutsam. So ganz wohl schien ihr bei der Sache allerdings nicht zu sein …
Und dann ging es richtig ab …
Jedes Team hat seinen individuellen Rodelstil
Bei manchen staubt es nur so …
Andere lassen es etwas bäriger angehen:
Der Fahrer sitzt normalerweise, der Helfer (allgäuerisch: Healfar) liegt aber manchmal auch, damit er besser mitsteuern und -bremsen kann.
Manchmal muss der Helfer auch schieben.
Gut festhalten ist auf jedem Fall angesagt, …
… auch für den Fahrer.
Anschließend sind wir weiter hinauf gegangen, näher an die Stelle, wo die Schalenggen aus dem Wald herauskommen und über den Weg fahren, der sich als Schanze erweist.
Spektakultäre Rodeltechniken an der Schanze
Einige Teams waren ganz schön schnell (der Tagessieger brauchte 2018 übrigens nur 47 Sekunden für die ganze Strecke). An der Schanze muss man aber schon aufpassen …
Manch einer hat die Schanze auch etwas zu schnell genommen. Dann steigt er halt wieder auf.
Echte Schalenggar setzen den Weg ins Tal selbst dann fort, wenn sie engültig abgestiegen sind und nur einen Teil des Schlittens ins Ziel bringen können:
Da gilt es schon noch ein Stückchen zu wandern …
Authentisch und schön: die traditionellen Schalenggen
Mir persönlich gefallen die traditionellen Gefährte besonders gut. Sie treten beim Schalenggenrennen Pfronten unter dem Namen Originalar an. Die erste originale Schalengge wurde von einem Damenteam gesteuert. Die hintere der beiden Fahrerinnen ist übrigens Michaela Waldmann, die erste Bürgermeisterin von Pfronten. Pfronten hat eben auch Frauenpower!
Hier seht ihr, wie man Brennholz auf einer Schalengge transportiert. Wegen des höheren Gewichts wird es nicht so hoch aufgestapelt:
Der Helfer kann auf einer traditionellen Schalengge stehen.
Es sei denn natürlich, er hat sich auf der Schanze nicht gut genug festgehalten. Dann muss der Fahrer eben anhalten und warten, bis das Team wieder komplett ist und seine Fahrt fortsetzen kann …
Den letzten Teil des Hörnerschlittenrennens haben wir uns vom Zielbereich aus angesehen.
Die Tücken der Zielgeraden
Auch das letzte Stück der Rodelstrecke hat so seine Tücken.
Immerhin ist der Zielbereich gut gepolstert.
Das muss er aber auch sein, denn kurz vor dem Ziel geht es noch rasant zur Sache.
Am Ende sind aber die meisten doch recht sanft gelandet …
Jedenfalls diejenigen, die es mitsamt dem Schlitten bis ins Ziel geschafft haben.
Damit ihr einen noch besseren Eindruck davon bekommt, wie wild und lustig es beim Schalenggenrennen Pfronten zugeht, habe ich euch auch ein kleines Video mitgebracht:
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Mehr InformationenIch habe es oben ja schon geschrieben: Das war wirklich eine Riesengaudi! Wenn ihr am Faschingssamstag im Allgäu seid und genug Schnee liegt, solltet ihr die auf keinen Fall verpassen.
Falls Ihr euch für weitere Faschingsveranstaltungen im Allgäu interessiert, empfehle ich euch auch meinen Post Fasching im Allgäu – Brauchtum, Umzüge und andere Events. Für den Fall, dass ihr beim Rodeln nicht nur zuschauen, sondern auch selbst auf einen Schlitten steigen wollt, dürfte euch mein Best-of-Post Schlittenfahren im Allgäu: unsere besten Rodeltouren interessieren.