Wir hier tief im Allgäu sind verwöhnt, was barocke Prachtbauten angeht. Eines der Bauwerke, das selbst aus dieser Fülle herausragt, ist die Basilika Ottobeuren, die den Heiligen Alexander und Theodor geweiht ist. Sie wurde ab 1711 an Stelle des romanischen Vorgängerbaus errichtet und 1766 eingeweiht. Und zwar ganz bewusst als Demonstration des Macht- und Prachtanspruchs der katholischen Kirche in einer von Aufklärung und Kirchenkritik geprägten Zeit.
Die Zeiten haben sich gewandelt. Aber über 250 Jahre nach ihrer Fertigstellung ist die Basilika immer noch das räumliche und optische Zentrum von Ottobeuren. Sie ist zudem ein Anziehungspunkt für Kunst- und Musikfreunde wie für spirituell interessierte Menschen.
Die Basilika Ottobeuren soll beeindrucken – und sie tut es!
Das Kloster in Ottobeuren wurde bereits 764 gegründet. Ab dem 9. Jahrhundert war es ein Reichskloster, was bedeutet, dass der Abt auch ein weltlicher Herrscher im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation war. Er herrschte über ein Territorium von 1.000 Quadratkilometern. Die Abtei Ottobeuren war also gleichzeitig ein Verwaltungszentrum und die Residenz des Fürstabtes, die auch für Repräsentationszwecke genutzt wurde. Sie sollte die Besucher beeindrucken. Das funktioniert heute noch.
Praktisch jeder, der die Basilika betritt, bleibt innen erst einmal stehen, weil der erste Eindruck so überwältigend ist. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll.
Wenn man den Mittelgang entlanggeht, geht man auch über die Grabplatte der beiden Äbte, die für die Geschichte der Basilika entscheidend waren: Rupert Ness war der Abt, der den Entschluss zum Neubau fasste, die Pläne dafür erstellen ließ und den Bau begann. Unter Anselm Erb wurde er vollendet.
Jedes Element hat eine tiefere Bedeutung
So verschwenderisch die Ausstattung auch ist, im Barock und Rokoko wurde nichts dem Zufall überlassen. Jedes Bild, jede Statue und jedes sonstige Gestaltungselement hat eine tiefere Bedeutung. So zeigt das Fresko in der großen zentralen Kuppel der Basilika Ottobeuren die „Ecclesia triumphans“, die siegreiche Kirche – versinnbildlicht durch Maria vor einem Triumphbogen.
Wer ganz genau hinsieht, erkennt über Maria und den Aposteln die pfingstlichen Flammenzungen. Über Maria, die für die Kirche steht, thront Jesus auf einer Wolke. Durch ihn hindurch gehen die Strahlen des Heiligen Geistes bis hinunter auf seine Mutter. Die vielen Personen am unteren Bildrand symbolisieren die damals bekannten Erdteile Europa, Afrika, Asien und Amerika.
Die Lehre der Kirche wird getragen von den Schriften des Evangeliums. Darum zeigen die vier Zwickelfresken die vier Evangelisten bei der Abfassung ihrer Schriften. Unter ihnen wiederum finden sich Statuen der vier Kirchenväter.
Mir persönlich gefällt der Heilige Ambrosius besonders gut. Seine Predigten sollen „so süß wie Honig“ gewesen sein, deswegen wird er mit einem Bienenkorb dargestellt. Er wirkt jedenfalls recht heiter.
Am Fuße der vier Säulen ist wiederum jeweils eine der vier Kardinalstugenden dargestellt. Sehr hübsch finde ich die Klugheit, die durch einen Engel verkörpert wird, unter dessen Flügel sich ein Kind vertrauensvoll schmiegt.
Im Altarraum bietet das reich verzierte Chorgestühl Platz für 50 Mönche. Immerhin 19 Benediktiner leben heute noch im Kloster. Im Sommer versammeln sie sich viermal täglich hier zum Gebet. Im Winter ist es dazu manchmal zu kalt, denn die Kirche kann nicht beheizt werden.
Eine Führung lohnt sich
Habe ich euch neugierig gemacht? Jeden Samstag zwischen Ostern und Allerheiligen wird um 14:15 Uhr eine Kirchenführung durch einen der Mönche angeboten. Ich fand sie so spannend, dass die Stunde geradezu verflogen ist. Treffpunkt ist hier unter der Kanzel. Die Führung ist kostenlos, aber Spenden sind erbeten. Pfarrgottesdienst ist übrigens sonntags um 10:30 Uhr.
Wer Lust auf noch mehr Kultur hat, kann anschließend noch die fürstäbtliche Residenz mit ihren Prunkräumen besichtigen. Zusätzlich betreiben die Mönche einen kleinen Laden mit Büchern, Kerzen, CDs und Kreuzen sowie ein gemütliches Café; im Sommer kann man zum Kaffeetrinken auch draußen im Klostergarten sitzen.
Falls ihr euch für weitere barocke Prachtstücke im Allgäu interessiert, empfehle ich euch meinen Post über die Kartause Buxheim und meinen Beitrag über die Prunkräume der fürstäbtlichen Residenz in Kempten.