Die Unterallgäuer Kreisstadt ist nicht nur als Ort des Frundsbergfests bekannt, sondern auch als Krippenstadt Mindelheim. Sie hat auch überzeugende Gründe, sich mit diesem Beinamen zu schmücken: Zum einen sind in der Weihnachtszeit vom ersten Advent bis Mariä Lichtmess am 2. Februar tatsächlich mehrere ungewöhnliche Krippen in den Kirchen der Stadt zu sehen. Zum anderen hat ganzjährig ein eigenes Krippenmuseum geöffnet. Ich persönlich finde zudem, dass der Festschmuck, den die Stadt im Advent anlegt, ganz besonders hübsch ist. Mindelheim ist eigentlich immer einen Besuch wert, aber zur Weihnachtszeit ganz besonders.
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Weihnachtliches Mindelheim
Die Innenstadt mit ihren barocken Fassaden leuchtet im Advent festlich und ist zur blauen Stunde absolut bezaubernd.
Die Lichtergirlanden sind ein bisschen nostalgisch angehaucht.
Der Marienplatz strahlt regelrecht im Lichterglanz.
Rund um die Pfarrkirche St. Stefan findet um das zweite und dritte Adventswochenende (jeweils von Donnerstag bis Sonntag) ein Weihnachtsmarkt statt. Dort bieten neben den üblichen Händlern auch einige Vereine Selbstgemachtes an, es gibt ein Kinderkarussell, eine kleine Bühne für Livemusik und einen Wagen, in dem man sich eine biblische Geschichte erzählen lassen kann.
Es ist ein netter kleiner Weihnachtsmarkt, der nichts touristisch Aufgebrezeltes hat, sondern wirklich ein Treffpunkt der Einheimischen ist. Sehr sympathisch!
Eine Entdeckerrunde durch die Krippenstadt Mindelheim
Es gibt ein reichhaltiges Adventsprogramm in Mindelheim. Das Programm könnt ihr hier auf der Website der Stadt herunterladen. Es werden auch spezielle Krippenführungen angeboten. Ich habe 2018 an einer teilgenommen und dabei fleißig fotografiert, damit ich euch davon möglichst viel zeigen kann:
Vielfältig: Die Krippe aus Klosterwald in der Pfarrkirche St. Stephan
Die Kirche St. Stephan birgt in ihrem Vorraum die so genannte Klosterwald-Krippe. Sie heißt so, weil sie ab 1938 in der Schule der „Englischen Fräulein“ in Klosterwald bei Ottobeuren ausgestellt wurde. Die ältesten Figuren aus dieser Krippe stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Es ist eine ziemlich große Krippe mit insgesamt etwa 160 Figuren. Neben der Geburt Jesu werden mehrere weitere alt- und neutestamentliche Szenen gezeigt, von der Opferung Isaaks bis zur Hochzeit von Kanaa. Dieser letzte Teil findet allerdings in St. Stephan keinen Platz, weswegen er in der Jesuitenkirche ausgestellt wird. Aber werfen wir zunächst noch einen Blick auf die Klosterwald-Krippe.
Hier seht ihr David (links) und den von ihm bereits „umgelegten“ Goliath. Die übrigen Krieger der Philister blicken aus verständlichen Gründen recht grimmig drein.
Das Herzstück der Krippe ist zugleich das älteste:
Die Wachsgesichter der Engel sollen noch aus der Biedermeierzeit stammen.
Immer sehenswert: die Spitalkrippe
Sie befindet sich an einem eher ungewöhnlichen Ort, nämlich in der Mitte der Parkhaus-Passage in Mindelheim.
Das liegt daran, dass hier früher das Heilig-Geist-Spital lag. Die Krippe ist (fast) das ganze Jahr über zu sehen. Dabei wechseln die gezeigten Szenen immer mal wieder.
Ihr müsst in der Passage aufmerksam sein, denn die Krippe liegt recht dunkel. Vor der Scheibe ist ein Einwurfschlitz. Wenn ihr dort eine kleine Münze einwerft – 5 oder 10 Cent reichen – geht das Licht an und die Spieluhr mit dem segnenden Jesuskind beginnt ihren Lauf zur Melodie von Ihr Kinderlein kommet. Die Spieluhr ist rund 100 Jahre alt und ganz reizend. Ich habe euch davon ein kleines Video mitgebracht:
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Mehr InformationenOriginal aus der Krippenstadt Mindelheim: die Weihnachtsszene in der Liebfrauenkapelle
Die Liebfrauenkapelle liegt etwas außerhalb der Mindelheimer Altstadt. Das kommt daher, dass sie zum früheren Leprosenhaus gehört, dessen Fassade ihr hinter der Kapelle sehen könnt. Dort wurden Menschen mit ansteckenden Krankheiten gepflegt; sie konnten über einen Balkon an den Gottesdiensten in der Kapelle teilnehmen.
Die Kapelle wurde bereits 1360 erbaut, um 1650 barockisiert und 1725 dann im Rokokostil umgestaltet. Aus der Barockzeit um 1645 stammt die Weihnachtsszene des Mindelheimer Bildhauers Georg Schenk.
Die Hirten sehen sympathischerweise wie echte Allgäuer aus. Der Heilige Franziskus, der links kniend zu sehen ist, wird in der biblischen Weihnachtsgeschichte natürlich nicht erwähnt. Der Künstler fand aber wohl, dass er gut dazu passe: Schließlich gehen die szenischen Darstellungen von Jesu Geburt und als Folge auch die Krippen auf den Heiligen zurück.
Einen nicht-weihnachtlichen Blick solltet ihr auch auf die spätbarocke Bildtafel weiter links an der Kapellenwand werfen, die sogenannte Mindelheimer Sippe. Sie zeigt eine Personengruppe, in deren Zentrum die Anna selbdritt (Maria und ihre Mutter Anna mit dem Jesuskind) steht. Die Figuren tragen alle die Mode ihrer Zeit, an der man sich heute bei der Ausstaffierung der entsprechenden Darsteller beim historischen Frundsbergfest Mindelheim orientiert.
Highlight: Die Großkrippe in der Jesuitenkirche
Die buchstäblich größte Krippe in der Krippenstadt Mindelheim ist die ebenfalls barocke Großkrippe, die alljährlich in der Jesuitenkirche aufgebaut wird. Sie war früher wohl noch viel größer, umfasst aber heute immer noch um die 80 lebensgroße Figuren. Sie werden auf der rechten Chorseite im Altarraum aufgebaut.
Mir gefällt die etwas vollschlanke Maria mit ihrem ungewöhnlich ansehnlichen Josef sehr gut. Josef wird ja oft als Greis dargestellt, aber der hier ist im besten Mannesalter.
Um die Heilige Familie versammelt sich eine erstaunlich vielfältige Schar. Links im Hintergrund sind jüdische Schriftgelehrte zu sehen. Davor reitet der Tross der drei Weisen aus dem Morgenland herbei, im Vordergrund galoppiert die Königin von Saba. Die gehört eigentlich nicht direkt zur Weihnachtsgeschichte, macht sich aber sehr gut in ihrem prächtigen blauen Kleid auf dem hölzernen Schimmel.
Die Kleider wurden vor einigen Jahren von einer Mindelheimerin neu gefertigt, da die barocken Originalgewänder im Laufe der Zeit zerfallen waren. Die Königin von Saba bekam sogar eine neue Echthaarperücke, deren Locken jedes Jahr von einem ortsansässigen Friseur in Form gebracht werden.
Überhaupt sind die einzelnen Figuren mit viel Liebe zum Detail ausgestattet.
Die rechte Hälfte der Großkrippe gehört den Einheimischen. Diese zwei Mädchen tragen die früher typischen Mindelheimer Hauben auf dem Kopf. Früher bekamen sie sogar selbst Gebackenes in die Hände bzw. in den Korb gelegt, aber das animierte offenbar zu viele Leute zum Anknabbern.
Diese Großkrippe ist wirklich beeindruckend, die solltet ihr euch bei einem Mindelheim-Besuch in der Weihnachtszeit nicht entgehen lassen.
Zwei ungewöhnliche Schätze in der Krippenstadt Mindelheim: Stippvisite im Krippenmuseum
Die Krippenstadt Mindelheim schmückt sich nicht nur zur Weihnachtszeit. Sie leistet sich auch ganzjährig ein eigenes Krippenmuseum, das gleich hinter der Jesuitenkirche im ehemaligen Jesuitenkolleg liegt. Es wurde im Oktober 2018 nach einer kompletten Modernisierung neu eröffnet.
Im Zuge der Sichtung der umfangreichen Schätze waren zwei Schätze entdeckt worden, deren Bedeutung zuvor niemand erkannt hatte. Heute sind sie gebührend prominent platziert.
Das älteste Jesuskind der Welt: das „Haushälterle“
Diese Darstellung vom Jesuskind, das seinen Finger in den Mund steckt, finde ich sehr rührend. Seine Herkunftsgeschichte ist es auch (obwohl nicht sicher ist, dass sie stimmt): Die Figur soll aus einem Kloster in Leutkirch stammen, dessen Nonnen alle bei der Pestepidemie 1348 starben. Als das Kloster später wiederbesiedelt wurde, sollen die neuen Schwestern es gefunden haben.
Den Namen „Haushälterle“ bekam es, weil es im Kloster ein Brotwunder gewirkt und das Kloster mit ausreichend Brot versorgt haben soll. Sicher ist aber, dass dieses etwas unbeholfen wirkende Jesuskind tatsächlich aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt. Und das, obwohl man bis vor Kurzem gedacht hatte, es gäbe solche Jesuskind-Darstellungen erst seit etwa 1500.
Ein wertvolles Stück: das „Millionenbüble“
Gleich daneben steht in einer mit Panzerglas gesicherten Vitrine dieses munter schreitende Jesuskind mit seinen netten roten Locken. Unser Führer stellte es als „Millionenbüble“ vor.
Diesen hübschen Beinamen trägt es wegen seines hohen Versicherungswertes. Bei der wissenschaftlichen Untersuchung der Stücke im aus dem Krippenmuseum im Zuge der Neugestaltung hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Figur von Michel Erhart gefertigt wurde. Er war um das Jahr 1500 der berühmteste Bildschnitzer Ulms, das wiederum um diese Zeit als Zentrum dieser Kunst galt.
Hat euch der weihnachtliche Spaziergang durch die Krippenstadt Mindelheim gefallen? Dann nutzt doch die Zeit bis Lichtmess zu einem Besuch in der Stadt und erzählt mir davon. Ich freue mich auf eure Kommentare! Fasching ist in Mindelheim übrigens auch eine besondere Zeit, das könnt ihr in meinem Post Lang, bunt und fröhlich: der Faschingsumzug Mindelheim nachlesen.
Oder sucht ihr nach anderen adventlichen Ausflugszielen? Dann empfehle ich euch meinen Post über die schönsten Weihnachtsmärkte im Allgäu.